Wo bist du auf die Probe gestellt?

Predigt zum zweiten Fastensonntag

„Zeig mal, was du drauf hast!“ „Zeig mal, was du dich traust!“ – Sätze, die wir von Mutproben kennen. Dann, wenn sich Jugendliche herausfordern und sich gegenseitig etwas beweisen wollen. Etwa, wer denn der Größte, Mutigste und Stärkste von ihnen ist.

Eine schicksalhafte Mutprobe am Beispiel der Vorstadtkrokodile

Eine solche Mutprobe kennt ihr vielleicht aus der Folge der „Vorstadtkrokodile“, einer bekannten Kinder- und Jugendfilmreihe. Eigentlich ist es ja ein Buch aus dem Jahr 1976 von Max von der Grün. Diese Kinderbande aus der Papageiensiedlung will durch Mutproben sehen, wer zu ihnen gehört. Daher soll etwa der zehnjährige Hannes aufs Dach einer verfallenen Ziegeleihalle steigen und rufen „Ich bin ein Krokodiler“, um Mitglied dieser Gruppe werden zu können. Und wie könnte es nicht anders sein: Es geht fast schief. Hannes rutscht aus und kann sich gerade so noch an der porösen Dachrinne festhalten. Seine eigentlichen „Freunde“ schleichen sich schnell davon, weil sie Schiss bekommen. Nur ein mutiges Mädchen, Maria, traut sich etwas zu. Sie ruft die Feuerwehr und bleibt, bis das waghalsige Abenteuer auf den Boden der Realität geholt wird. Fortan hat Hannes Zeit. Mit Hausarrest bestraft, muss er zuhause bleiben. Nun kann er sich alles einmal deutlich durch den Kopf gehen lassen. Er bemerkt Dinge in seiner Umgebung, die er zuvor nicht gesehen hatte. Und er sieht Menschen, für die sein Auge zuvor nicht geschult war. So sieht er den querschnittsgelähmten Kurt aus der Nachbarschaft, für den er bisher noch kein einziges Augenzwinkern übrig hatte.

Vertrauen auf die Probe gestellt

Warum ich diese Kindergeschichte heute an den Beginn meiner zweiten Fastenpredigt stelle? Weil sie bestens auf das Thema „Auf Probe gestellt sein“ eingeht.

Abraham, von dem die Erste Lesung kündet, wird sich sicher zahlreiche Fragen stellen. Dann, als er einen Auftrag von Gott erhält, der ihn aus den Bahnen seines Lebens geworfen hat.

„Alles begann doch so verheißungsvoll – und nun werde ich so hart auf die Probe gestellt!“ – wird er sich denken.

Eigentlich begann doch alles ganz gut, aber warum nun diese Probe?

Denn so unmöglich es ihm erschien, als drei Männer in sein Leben kamen, ihn zuhause im Zelt besuchten und davon sprachen, dass er zusammen mit seiner Frau Sara noch in ihrem hohen Alter einen Sohn erhalten sollten, so widersinnig scheint ihm nun Gottes Auftrag, eben jenen geliebten Sohn, Isaak, auf dem Berg als Brandopfer darzubringen. „Gott, bist du ein blutrünstiger Sadist, der sich an meinem Leid freut?“, wird er sich denken. „Erst beschenkst du mich so großartig, ja so sehr, dass mein Herz wirklich einen riesigen Sprung gemacht hat; und nun lässt du mein Herz zu Tode betrübt werden, weil ich dir das Beste opfern soll, das ich mein Eigen nennen durfte.“ – gesteht Abraham Gott auf dem Weg zum Berg Morija.

Mutproben als Handlungsstrang einer weiteren Trilogie

Und wieder muss ich an eine Filmreihe denken, nämlich `Herr der Ringe`. Das darin personifizierte Böse, der dunkle Herrscher Sauron, lebt im Land Mordor, welches der praktizierende Katholik J.R.R. Tolkien sicher nicht unbedacht so benannt hat. Denn auch der Hobbit Frodo mitsamt seinen Gefährten ist auf die Probe gestellt. Die Gefährtengruppe muss sich immer wieder beweisen, zahlreiche Mutproben bestehen und schließlich zeigen, ob sie das Böse bestärken wollen oder ob sie allein dem Guten vertrauen und dafür alles risikeren.

„Die Opferung des Isaak muss aus der Bibel raus.“

Nun aber zurück zu Abraham und seiner schicksalhaften Erprobung. Viele Gläubige unserer Tage stören sich wie auch Menschen anderer Jahrhunderte an einem Gottesbild wie dem, welches dort auf den ersten Blick erscheint: ein blutrünstiger Gott, der Opfer braucht, um besänftigt zu werden. Dass es in diesem Teil der großen Abrahamsgeschichte aber um etwas ganz anderes geht, lässt sich nicht jedem verständlich machen. So habe ich an einer anderen Stelle einen großen Disput mit einem Mann geführt, der am liebsten wollte, dass dieser Teil aus der Bibel getilgt wird.

Was die Abrahamsgeschichte wirklich auszeichnet

Am Beginn der Abrahmasgeschichte erscheint Gott tatsächlich als ein Gott, der auf blutrünstige Opfer aus ist. Als einer, der von Horror und Grauen scheinbar gar nicht zu viel bekommen kann. Doch das ist eben nur der Anfang.

Viel interessanter ist doch der weitere Verlauf, die Veränderung bei Gott selbst und wie ein wahrer Umschwung im menschlichen wie im religiösen Verständnis geschieht.

Denn gerade in dem Moment, als die Probe fast schon ihr verhängnisvolles Ende erreicht, was Isaak das Leben kosten würde, da lässt Gott eingreifen. Durch den Engel hält er zurück, was auf des Messer Schneide stand. Dieser Gottesbote verkündet, dass Abraham die Vertrauensprobe bestanden hat. Abraham hat absolutes Vertrauen bewiesen. Ein Vertrauen, das sich ausbreiten soll. Denn nun erhält der Stammvater der späteren drei monotheistischen Religionen eine nochmalige Segenszusage. Denn wie ihm der Segen Gottes bereits durch das Geschenk eines Sohnes zuteil geworden ist, so wartet auf ihn noch eine ganze Sternenschar. Darüber kann sich Abraham bewusst werden, wenn er den Sternenhimmel bestaunt oder erstaunt die Vielzahl an Sandkörnern am Meeresstrand wahrnimmt.

Ist nicht genau diese Wendung filmreif?

Veränderungen bei Gott selbst und Folgen für das religiöse Leben

Und wie erstaunlich ist doch das, was in Gott selbst vorgeht. Der, der zunächst scheinbar über Leichen geht und kein Problem damit hat, dass dafür ein Opfer sein Leben lassen muss, lässt sich in der Meinung ändern. Er ändert sich sogar selbst. Er will kein blutiges, menschliches Opfer, sondern reines, echtes, ja vollkommenes innerliches Vertrauen.

Sicherlich, der Blutdurst auch im religiösen Sinn, war an diesem Punkt nicht dahin. Im jüdischen Opferkult mussten weiterhin Tiere als Opfer ihr Leben lassen, doch Menschenopfer hatten ausgedient. Zumindest bis zu dem Punkt, an dem Gott selbst auf die Probe gestellt wird. Dort am Kreuz, als der göttliche Sohn von den Menschen geopfert wird. Glaubt ihr nicht, wie es den himmlischen Vater innerlich zerrissen haben muss, als er den im freien Willen des Menschen grundgelegten Entschluss verstanden hat, dass sein einziger Sohn, Mensch geworden, grausam am Kreuz sterben muss? Er, der ebenso wie Abraham und Isaak auf einen Berg, auf Golgotha, steigen muss, um geopfert zu werden: von Menschen wie du und ich es sind.

Mutproben – Vertrauensproben

Begonnen habe ich mit den Mutproben. Die Stelle aus der Genesis von der Opferung des Isaak ist mehr. Sie ist eine schicksalhafte Vertrauensprobe, die fast schief geht.

Hannes von den Vorstadtkrokodilen stürzt nicht ab, weil da eine Person ist, die ihn nicht verlässt und die ihm zu Hilfe eilt. Abraham und Isaak kommt Gott selbst nahe in dem Engel, der die Katastrophe zur Verheißung ändert.

Zeiten der Erprobung zerreißen Menschen im Innersten, im Wissen und Gewissen. Sie sind keine leichten Zeiten.

Wo bist du auf die Probe gestellt?

Hast du Veränderungen in Zeiten der Erprobung feststellen können?

Traust du Gott auch in den Krisen zu, dass er dich nicht fallen lassen will, auch wenn es für dich vorkommt, als wenn auch du bis aufs Äußerste auf die Probe gestellt wirst?

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