Was muss bei dir sintflutartig weggewaschen werden, damit du neu leben kannst?

Manchmal muss im Leben sich etwas sintflutartig verabschieden, damit das Leben neu werden kann. Hast du diese Erfahrung auch bereits gemacht?

Fastenpredigt zum Ersten Fastensonntag

„Gehen wir heute baden?“

Gestern Abend ist Regen vom Himmel gefallen und in der Natur und ebenso auf zahlreichen Dächern gelandet. Auch auf dem Dach unserer Kirche St. Burkard. Was das mittlerweile bedeutet, kennt besonders unsere Mesnerin. Mittlerweile muss sie ein Sammelsurium an Eimern stellen, um die Fluten des undicht gewordenen Dachs aufzusammeln. Vor manchen Gottesdiensten kann man sich daher schon die Frage stellen: „Gehen wir heute baden?“

Auch die Frage, ob wir oben in der großen Kirche – im Kirchenmeer – feiern oder in der trockenen Unterkirche, kommt auf.

Veränderung in unserer Kirche St. Burkard

So traurig einerseits der Bauzustand unserer Kirche St. Burkard mitsamt ihrer verändernden Zukunft ist, so passend ist diese Ausgangslage heute für diese Predigt zur ersten Lesung aus dem Buch Genesis, die ich als Fastenpredigt unter das Thema „Was muss bei dir sintflutartig weggewaschen werden, damit du neu leben kannst?“ gestellt habe. Und das, auch wenn ich die Inhalte der Fastenpredigtreihe festgelegt habe, bevor die Gottesdienstplanung die genauen Orte festgelegt hat.

österlich verheißungsvoller Beginn

Ja, ist es nicht so, dass wir hier vor Ort in der Gemeinde vor Veränderungen stehen, die uns sintflutartig vorkommen? Sicher sind auch heute Abend Gläubige da, die den Bau der Kirche mitsamt dem weiteren Areal aktiv erlebt, gefördert und unterstützt haben. Was war das nicht für eine Stimmung damals ab Dezember 1959, als erste Überlegungen aufkamen, im Thierbachtal ein Gemeindezentrum angehen zu wollen. Und was war an Begeisterung spürbar, als zu Ostern 1967 von Seiten des Würzburger Ordinariates die Baugenehmigung erteilt wurde? Ostersonntag war damals der 26. März, fast zusammengefallen mit dem verheißungsvollen Fest der Verkündigung des Herrn durch den Engel Gabriel. In diesem Jahr ist dieser Tag der Dienstag der Karwoche.

„Können uns Kleinigkeiten Impulse für unser Tun geben?“

Ich frage mich manchmal, ob der bewusste Blick auf Kleinigkeiten uns deutliche Spuren für unser Handeln mitgeben möchte.

Ja, Ostern 1967 war sicher ein verheißungsvoller Start dieser Gemeinde, wie ich dem Heft zur Gemeindegründung entnehmen konnte. Es war eine Zeit, in der man das Aufblühen der Gemeinde nicht nur am wachsenden Bau des Kirchgebäudes bestaunen konnte, sondern ebenso Haus um Haus in der Westsiedlung, als Familien die Gemeinde bereichert und tatsächlich gebildet haben. Die Gemeinde am Ortseingang von Goßmannsdorf aus kommend war tatsächlich für viele Menschen wie ein Eingangstor. Sie haben gerne diesen Ort aufgesucht. Hier haben sie Glaube und Gemeinschaft erlebt. Und mit vielen eigenen Opfern haben sie geholfen, dass aus dem wachsenden, steinernen Gebäude ein Ort voller Leben wurde. Sei es in der Kirche, in den Gruppenräumen oder auch im Pfarrsaal.

Osterstimmung konnten jene Menschen der späten 60er Jahre erleben, als der Bau termin- und fristgerecht am 1. Juni 1968 durch Weihbischof Alfons Kempf unter großer Beteiligung, wie es im Vorwort heißt, weihen und seinem Zweck übergeben konnte.

Manchmal fällt der Karfreitag ein

Dass dazu aber auch Rückschläge, Karwochenstimmung und schwierige Zeiten gehört haben, zeigt sich schon in der Vita des großen Kämpfers für diese Gemeinde: Dekan und Geistlicher Rat Edmund Röser. Nach vollem Einsatz für die Gemeindegründung erkrankte er im Herbst 1967 schwer. Er starb noch vor der Einweihung der Kirche am 28. Januar 1968.

Ja, Blüte haben Sie als Gemeinde über viele Jahre und Jahrzehnte hier erlebt in einer Kirche, die für Sie Heimat geworden ist.

Veränderung – ein schmerzhafter Prozess für die Gründungsgeneration

Umso schmerzhafter ist daher für viele Gläubige der Gründungsgeneration seit Jahren zu erleben, wie sich so vieles sintflutartig verändert hat. Es liegt nicht nur an den gesellschaftlichen und kirchlichen Entwicklungen und dem demographischen Wandel. Heute sehen und erleben wir ein Kirchengebäude, das von den Fluten der Zeit gebeutelt dasteht. Wie eingangs beschrieben, sorgt unser Dach dafür, dass wir hier bald ein inoffizielles Schwimmbad eröffnen könnten. Und auch insgesamt ist gerade unserer Technik und der Bausubstanz in vielen Bereichen hier wie im Pfarrheim anzusehen, dass sich der Zahn der Zeit bemerkbar gemacht hat. Am schmerzlichsten ist für alle jedoch die Tatsache, dass viele Gläubige gleichsam davongeschwommen sind.

Der österliche und hoffnungsvolle Tag der Bekanntgabe des Bautermins für St. Burkard passt heute tatsächlich zum Dienstag der Karwoche, welche von Trauer geprägt ist.

Ja, sintflutartig Tränen mögen gerade denen, für die diese Gemeinde ein wichtiger, wertvoller und heimatverbundener Ort geworden ist, kommen. Gerade dann, wenn sie genauer über die Entwicklungen hier vor Ort nachdenken. Und auch, wenn von Zeit zu Zeit klarer wird, dass unsere Gemeinde hier in St. Burkard in diesem Gebäude auf lange Dauer keinen Bestand haben wird.

An Veränderungen kommen wir auf Dauer nicht vorbei

So schwer es uns fällt uns so sinflutartig weggespült wir uns vorkommen, aber an manchen Veränderung kommen wir nicht vorbei. Wer den Kopf in den Sand stecken und den Untergang unserer Gemeinde bewundern möchte wie der Autor Gabriel Zuchtriegel den Zauber des Untergangs Pompejis bewundert, der darf das tun.

Vom Zauber des Untergangs. Was Pompeji uns erzählt.

Gabriel Zuchriegel

Ähnlich ist es im eigenen Leben. Denn es gibt ein Recht zur Trauer und Verständnis wird jeder erhalten, der für sich sagt: Ich kann aus diesem und jenen Grund nicht mehr mit und weiter.

Hast du nicht auch schon die Befreiung gespürt, die eine Entscheidung zur Veränderung gebracht hat?

Aber hast du nicht auch schon einmal in deinem Leben gemerkt, dass so manches wirklich sintflutartig weggespült werden muss, damit du neu leben kannst? Am Anfang ist es sicher kein schönes Gefühl. Und einen solchen Schritt geht man größtenteils nicht leichtfertig, sondern nach langer Abwägungsphase. Ist aber einmal der erste Stein gefallen, geht es rauschend weiter. Und ist das einstige Konstrukt, das sich als Korsett erwiesen hat, dahin, kann erst die Befreiung gespürt werden, vor der man sich selbst zuvor gefürchtet hat. Eine Befreiung, die man am Anfang gar noch nicht zulassen konnte, weil einem der Weg dorthin verbaut war.

Verwaltung des Untergangs vs. Neubeginn

Zurück zu unserer Kirche möchte ich an dieser Stelle sagen: keiner gibt sie gerne und leichtfertig auf. Egal in welchem Bereich unserer Gemeinde er und sie unterwegs ist. Und doch spüre ich seit dem ersten Gottesdienst hier in St. Burkard von Vielen die Bereitschaft, sich auf einen neuen Weg begeben zu wollen. Denn sie haben erkannt, dass der Status quo zum Niedergang in einer dauerhaften Karfreitagsstimmung führt.

Verwalten wir den Niedergang, wie es im Buch von Guido Kreppold geschrieben ist? Dieser Kapuziner mit seinem Buch aus dem Jahr 2017 fragt sich, ob Klöster und Kirche keine Hoffnung haben.

Die Verwaltung des Untergangs. Keine Hoffnung für Klöster und Kirche?

Guido Kreppold

Einen Schlussstrich gezogen hat auch im selben Jahr der durch sein Buch „Aus, Amen, Ende?“ bekannte ehemalige Münsteraner Pfarrer Thomas Frings. Er hat als Pfarrer in Münster seinen Dienst beendet, weil er den Istzustand der Gemeindeseelsorge nicht mehr tragen wollte. Daher ist er in ein Kloster übersiedelt. Zwar hat er das Kloster auch wieder verlassen und wollte wieder in sein Bistum zurückkehren, welches aber dankend die Tür geschlossen hielt. Daher ist er nach einem Einsatz in Köln in den Ruhestand eingetreten.

Aus, Amen, Ende? So kann ich nicht mehr Pfarrer sein

Thomas Frings
Veränderungswille in der Gemeinde spürbar

Ich habe hier vor Ort in der Gemeinde bereits Jugendliche, Junge Erwachsene und Erwachsene erlebt, die nicht den Kopf in den Sand stecken. Sie sind es, die Gemeinde auch in anderer Weise und unter neuen Bedingungen erleben möchten. Die das spüren, wovon die heutige Erste Lesung deutlich werben will. Denn dem Noach wird von Gott selbst verheißen, dass es künftig nicht beim Niedergang der Flut bleiben wird. Vielmehr wird Er selbst seinen Bund mit den Menschen schließen. Hier wird deutlich, dass wir Christen Hoffnungsmenschen sind, was in unserem Namen steht.

Wir erwarten nicht das Nichts, wie es in einem Buch von Gerhard Lohfink heißt. Wir erwarten die Auferstehung und das Ewige Leben, wie er ergänzt. Und uns ist daher klar, dass wir uns für einen Neuanfang gut rüsten müssen.

Am Ende das Nichts? Über Auferstehung und das Ewige Leben

Gerhard Lohfink
neue Impulse für das Glaubensleben

Unser Bischof Franz wirbt in seinem Fastenhirtenbrief daher in diesem Jahr besonders für die Methode der sogenannten „lectio devina“. Neben dem Lesen des Textes und der Frage, was der Text selbst und später einem persönlich sagt, geht es nach der Besinnung zum Beten und Betrachten, um so Handlungsimpulse für einen persönlich zu entdecken. Wenn du daran interessiert bist, lies dir den Hirtenbrief einmal genauer durch, der das näher beschreibt.

https://pow.bistum-wuerzburg.de/aktuelle-meldungen/detailansicht/ansicht/lectio-divina-hinfuehrung-zur-geistlichen-schriftlesung/: Was muss bei dir sintflutartig weggewaschen werden, damit du neu leben kannst?

Ebenfalls neu anfangen und neue Prämissen setzen wollten im Jahr 2018 die Autoren des Buches „Mission Manifest“ mit ihren Thesen für das Comeback der Kirche mit dem Schwerpunkt auf Verkündigung und Begeisterung für Jesus.

Mission Manifest. Die Thesen für das Comeback der Kirche

Johannes Hartl u.a.
Wie sieht es bei dir aus?

Osterstimmung oder Karfreitagsstimmung?

Sintflut oder schon auf dem Weg zum Bund?

So habe ich euch heute mit meiner Fastenpredigt in der Frage herausgefordert, was sintflutartig weggespült werden muss, damit du und die Gemeinde hier vor Ort leben kann.

Was nimmst du für dich selbst mit?

Was soll bei dir sintflutartig weggespült werden, damit du neu leben kannst?

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