Predigt zum 10. Sonntag im Jahreskreis B
Schnell gerät man ins Schlittern
„Achtung, Rutschgefahr!“ – heißt es an den Orten, an denen gewischt wird. Gerade dann, wenn noch professionell ein Schild vor dem Ausrutschen warnt, gilt es Obacht zu geben. Dasselbe gilt im Winter, wenn Straßenschilder auf Rutschgefahr bei ungünstiger Witterunger hinweisen. Schneegefahr, Aquaplaning und starke Nässe können leicht ins Rutschen bringen und daher braucht es in diesen Situationen große Achtsamkeit, damit man nicht unter die Räder gelangt oder mit anderen Autos zusammenschlittert.
Rutschgefahr von Anfang an
Von Anfang an reizt den Menschen das Wagnis des Schlitterns. Es reizt der gewisse Kick und daher legt der Mensch es darauf an, nicht nur seinen Schutzengel, sondern auch Gott selbst herauszufordern und begibt sich somit auf teuflische Schlittertour.
In der Genesis, von der wir einen Abschnitt in der ersten Lesung (Gen 3,9-15) gelesen haben, sind es sowohl Adam als auch Eva, die es darauf anlegen, sich auf wackeligen Grund zu begeben. Ja, sie rutschen als erstes Menschenpaar aus, da sie sich vom Bösen verleiten lassen. Ein Akt, der bis heute tagtäglich geschieht.
Eigentlich und tatsächlich leben sie das Paradies auf Erden, doch sie wollen mehr. Und das fällt ihnen ziemlich auf die Füße. Der Drang nach Erkenntnis treibt sie an. Doch als sie erkennen können, merken sie, dass sie es mit zwei Seiten zu tun bekommen: Dem Guten und dem Bösen.
Und der alte Kreislauf des Bösen beginnt: Das Böse lässt einen ins Schlittern geraten. Leicht rutscht man aus und begibt sich somit auf rutschige Bahn. Adam sagt: Schuld ist seine Frau, die ihn verführt hat, um von der verbotenen Frucht zu essen. Und Eva schiebt es auf die Schlange, von der sie sich verleiten ließ.
Die Episode von Adam und Eva schildert uns also den alten Schlitterkurs von Streben nach Mehr. Sie erzählt vom Scheitern in der Erkenntnis, von eigener Verleitung und vom Mechanismus der Schuldzuweisung. Sie zeigt stets die Erfahrung auf, dass neben dem Guten auch das Böse hinter so mancher Ecke lauert. Beispiele hierfür fallen dir sicher aus deinem eigenen Leben oder deiner Umgebung ein.
Die Leute behaupten von Jesus: Du bist vom Bösen besessen
Im Evangelium (Mk 3,20-35) wird es heute für Jesus ziemlich brenzlig und er muss sich einem unglaublichem Vorwurf stellen.
Im Haus, in dem Jesus ist, ist ein ganz schönes Treiben am Werk. Jesus und seine Jünger sind so in Beschlag genommen, dass sie nicht einmal Zeit zum Essen finden. In diese dichte Versammlung hinein kommen Jesu Angehörige, die ihn sogar mit Gewalt herausholen wollen, da es seine eigenen Jünger nicht schaffen. Und nun muss man sich das einmal wahrlich auf der Zunge zergehen lassen. Seine eigenen Angehörigen sagen: Du bist von Sinnen! Du hast sie nicht mehr alle! Du bist ein Teil des Bösen! Es sind seine eigenen Verwandten, die ihn so böse anschuldigen.
Und als ob nicht eh schon genug los ist, sind die Gegner Jesu natürlich auch schnell vor Ort, um die schlittrige Lage noch mehr ins Wanken zu bringen. Sie bringen es noch mehr auf den Punkt und sagen: Er ist von Beelzebul besessen, was heißen will, dass er nun mit dem Anführer des Bösen kooperiert.
Jesus hingegen bleibt in dieser heißen Situation cool und belehrt in Gleichnissen. Er verliert nicht den Humor und die Gelassenheit. Seine Beispiele:
Das gespaltene Reich
Wenn ein Reich in sich gespalten ist, hat es keinen Bestand.
Mk 3,24
Zum Ausdruck kommt die Erfahrung: Wenn nicht alle das Gute fördern und an einem Strang ziehen, dann fällt das Reich irgendwann auseinander. Wir sehen das in unserer Gesellschaft, die sich oft genug in ihren Ansichten gegenseitig bekämpft. Geht es so weiter, wird sie irgendwann zerfallen, weil es dann keinen Konsens mehr gibt. Zusammenhalt ist daher in unserem Land ebenso gefragt wie in der EU, die bei den Wahlen vor Herausforderungen steht.
Die gespaltene Familie
Wenn eine Familie in sich gespalten ist, kann sie keinen Bestand haben.
Mk 3,25
Ähnlich wie in der Gesellschaft kann auch eine Familie leicht ins Schlittern geraten, wenn sie sich nicht mehr einig ist. Wenn alle Akteure mehr gegeneinander als miteinander unterwegs sind. Wenn sich alle schnell in die Haare bekommen, wenn sie nur aufeinander treffen. In diesen Situationen hat das Böse freien Raum und kann richtig toben. Denn der Versucher liebt die Zerstreuung und das Chaos. Daher ist es wichtig, in Familien um ein gutes Miteinander stets zu ringen.
Der Satan kann in sich gespalten sein. Dann ist es um ihn geschehen.
Und wenn sich der Satan gegen sich selbst erhebt und gespalten ist, kann er keinen Bestand haben, sondern es ist um ihn geschehen.
Mk 3,26
Eine Chance zur Änderung der gesamten Situation ist dann gegeben, wenn man den Satan selbst ins Schlittern geraten lässt. Denn dann fällt er in sich zusammen, so schildert es Jesus. Und wir kennen dieses Bild des Zerfalls des Bösen auch aus anderen Erzählungen. Rumpelstilzchen etwa reißt sich selbst auseinander, als sein teuflischer Plan nicht aufgeht. Das Böse hat sich so selbst besiegt und gar auseinandergerissen. Und in den Werken Harry Potters ist es in der finalen Schlacht zwischen Harry Potter und Lord Voldemort jener selbst, der im letzten Kampf den letzten Horkrux zerstört. Er zerstört das letzte Stück des Bösen, das er gar nicht zu schaffen geplant hatte und besiegt sich so selbst. Das will heißen, dass man in der verfahrenen Lage manchmal das Böse gegen sich selbst angehen lassen muss. Und schließlich tut es einen großen Knall und das Böse fällt in sich zusammen.
Und woher erhalten wir Kraft in den heißen Phasen, wenn das Böse tobt?
Nun ist es kein Kinderspiel, wenn das Böse um einen tobt. Da braucht es reichlich Kraft, um bestehen zu können. Für Jesus ist es die Kraft des Heiligen Geistes, die uns in diesen Situationen geschenkt werden kann. Dazu muss ich ihm aber vertrauen und bitten, dass er mich erfüllt. Daher ist es für Jesus auch die größte Sünde, wenn einer den Heiligen Geist lästert. Hintergrund dessen ist wohl der Vorwurf der Schriftgelehrten, dass er einen unreinen Geist hätte.
Vertrauen in das göttliche Antiblockiersystem
Das Böse versucht uns also als Menschen immer wieder ins Rutschen geraten zu lassen. Seit Anbeginn sind wir Menschen zum Schlittern bereit und fordern es oft genug heraus. Was wir dringend brauchen, ist Vertrauen in das göttliche Antiblockiersystem. Jenes verleiht uns Sicherheit und Stabilität, wenn wir ins Rutschen geraten. Jesus selbst hat den Kampf mit dem Bösen aufgenommen und durch seine Auferstehung den Sieg errungen. Er steht uns mit dem Vater und dem Geist zur Seite, wenn wir uns mühen, gegen das Böse in uns und um uns herum anzukämpfen. Schenken wir Gott also unser Vertrauen und kämpfen wir, so gut wir es können, täglich gegen das Böse an.