Für was stehen wir auf und ein? – Predigt am Palmsonntag

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Palmsonntag – eine Menschenmasse steht auf.

Mit diesem Palmsonntag beginnen wir die Heilige Woche. Jesus wird von den Menschen Jerusalems mit grünen Zweigen jubelnd begrüßt. Eine große Anzahl versammelt sich. Denn sie haben eine Erwartung dem gegenüber, der zu ihnen kommt.
Es ist keine Glaubensdemonstration einer großen Masse, sondern es ist mehr ein Zusammenkommen vieler Einzelner, die für sich spüren: Ich habe eine Sehnsucht nach Glaube. Diese Menschen stehen auf, verlassen ihre Häuser und gehen auf die Straße, weil sie innerlich merken: Es lohnt sich, für diesen Jesus auf- und auch einzustehen.

Demonstrationen und Kundgebungen unserer Tage

In unseren Tagen stehen ebenfalls viele Menschen für ihre Überzeugungen auf. In Demonstrationen und Kundgebungen machen sie deutlich, dass sie für Werte, für die Demokratie, für die Meinungsfreiheit und vieles mehr auf- und einstehen. Und es ist gut, wenn Menschen das Recht auf Demonstrationen nutzen. Doch das allein reicht nicht. Denn die Hauptfrage ist ebenso wie im Glauben: Stehe ich für diese Überzeugungen und Werte auch im schlichten Alltag auf und ein?

Gedanken zum Aufstehen für Überzeugungen

Zwei Gedanken bewegen mich dieser Tage, von denen ich erzählen möchte:

1. Lernenswertes aus der Friedlichen Revolution

Beim Friedensgebet dieser Tage in Ochsenfurt ist die Überlegung aufgekommen, ob denn die Friedliche Revolution, die zur Wiedervereinigung Deutschlands geführt hat, gerade deshalb so friedlich verlaufen ist, da sie vom Gebet getragen war?

Denn aus der Geschichte wissen wir – manche ebenso aus dem eigenen Lebenszeugnis – dass es mit Gebetsversammlungen in der Leipziger Nikoleikirche begonnen hat. Anfangs nur eine kleine Schar, haben sich immer mehr Menschen versammelt und waren im Gebet um Jesus versammelt. Im Betrachten seiner Weisungen und seines Auftrages zum Frieden in der Welt, haben sie gemerkt, dass für sie bei jeder der nachfolgenden Demonstrationen stets gelten muss: „Keine Gewalt.“
Ich vermisse diese Perspektive bei den aktuellen Zusammenkünften. So waren wir beim Ochsenfurter Friedensgebet leider auch nur eine kleine Truppe. Mag aber ja auch sein, dass manchmal die kleinen Zellen ins Große hineinwirken. Mehr aber sorgt mich, dass die Positionen mittlerweile unversöhnlich gegenüber stehen. Nicht selten enden Demonstrationen von rechter oder linker Seite in Straßenschlachten, Gewaltausbrüchen und jede Parteiung rechtfertigt dieses Vorgehen mit: „Anders kann man den Anderen nicht mehr begegnen.“

Ich behaupte: Da haben wir zu Zeiten der friedlichen Revolution in unserem Land mehr geschafft.

Auf- und Einstehen für christliche Werte

Vor dem Palmsonntag wurde in der vergangenen Woche der „Welt-Down-Syndrom-Tag“ begangen. Hier hat mir ein Satz bei einer Sitzung des Ökumenischen Arbeitskreis vom evangelischen Pfarrer gefallen, der in seinem Impuls davon zielgemäß gesprochen hat:

„Mag sein, dass Menschen mit Down-Syndrom ein entscheidendes Gen fehlt, welches anderen Menschen geschenkt wurde. Doch haben sie auch eins mehr, was sich vor allem in ihrer Offenheit, Direktheit und Herzlichkeit zeigt.“

Evangelischer Pfarrer


Gerade deshalb schockiert mich, mit welcher Vehemenz der derzeitige NIPT-Test als Bluttest bei Schwangeren zur Erkennung von Trisomien 13,18 und 21 gar als kassenärtzliches „Vorsorgeprogramm“ angeboten und auch genutzt wird. Es zeigt doch eigentlich ganz klar: Wenn es möglich ist, werden Menschen mit Beeinträchtigungen lieber im Vorfeld „entsorgt“ und nicht zur Welt gebracht, als ihnen ein Leben hier unter uns zu ermöglichen. Meist sogar noch mit dem Zusatz: „So bleibt ihnen viel Leid erspart.“
In Zeiten, in denen die öffentliche Meinung sagt: „Alle Menschen sollen willkommen sein“, wundert mich dieses Vorgehen und ich frage mich, warum Menschen nicht hier auf- und einstehen für den Wert des Lebens.

Konsequenzen aus der Feier des Palmsonntags

Für mich stellt sich daher für diesen Palmsonntag, aber auch als Impuls für diese Woche die Frage: „Wofür stehe ich auf und ein?“

Jesus erlebt am Palmsonntag Massen, die ihn begrüßen. Doch schon bei der Passion, die am selben Tag verlesen wird, zeigt sich allein die Schar der Schaulustigen, die seinen Leidensweg verfolgen. Dem gegenüber steht nur die kleine Schar derer, die bis zuletzt zu ihm steht. Und diese muss fast schon mit der Lupe gesucht werden.

Ich wünsche einen gesegneten Palmsonntag und einen guten Start in die Heilige Woche!

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