Fastenpredigt am 3. Fastensonntag
Im Evagenlium dieses dritten Fastensonntags begegnet uns Jesus ziemlich forsch. Die Tempelhändler mitsamt ihren Schafen und Rindern schmeißt er hochkant aus dem Tempel. Die Wechselstuben schmeißt er energisch um und erteilt dem Tempelmarkt ein Hausverbot.
Jesus, was ist los? Warum so impulsiv?
Doch was hat ihn überhaupt so aufgeregt? Was hat ihn zu diesem so drastischen Schritt geführt? Mir scheint, dass ihm klar geworden ist, dass die Menschen ganz klar – wieder einmal – eine Grenze überschritten haben. Denn eigentlich gibt es klare Leitplanken, die helfen sollen, dass man auf einem guten Weg unterwegs ist und nicht auf eine falsche Spur geleitet wird.
Jesus ärgert, dass die Händler das Gottesgebot mehrfach übertreten und gar missbraucht haben. Es scheint ihn zur Weisglut gebracht zu haben, dass eigene Interessen zu groß geworden sind. Jesus sieht nicht mehr, dass Gott an erster Stelle in seinem Haus steht. Anderes scheint ihn vom Sockel gestoßen zu haben oder es droht zumindest, dass die Menschen nicht mehr wissen, wer den ersten Platz in ihrem Leben und Wirken belegt. Deshalb reagiert er über. Ein Wutausbruch, der zur Reinigung des Tempels führt.
Sag mal, was führst du dich hier so auf?
Natürlich verstehen die umstehenden Leute und erst recht die betroffenen Händler nicht, was dieser für sie dahergelaufene Mann will. Und als sie ins Gespräch kommen, wird klar, worum es wirklich geht. Jesus weißt auf etwas viel faszinierendes hin als auf den steinernen Tempel. Es ist ein Tempel aus Fleisch und Blut, der geopfert wird, um neues Leben zu ermöglichen. – Eine erste Ankündigung dessen, was später folgen wird. Und natürlich verstehen die Menschen nicht recht, wovon dieser Jesus spricht. Sie halten ihn für einen Geisterfahrer, der die Leitplanken durchbrochen hat und hier vor Ort alles durcheinanderwirbeln will. Auch das stinkt Jesus deutlich. Vielleicht noch mehr als die Düfte der Schafe, Rinder und die Hinterlassenschaften des Taubenstalls.
Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
Ex 20,2-3
Der umkämpfte erste Platz
Gott selbst an erste Stelle stehen oder noch besser: ihm den ersten Platz lassen. Das ist wohl deutlich der Hintergrund, den Jesus beim Blick auf die Zustände im Tempel bedenkt. Und er sieht, dass mal wieder eine Leitplanke durchbrochen wurde und die Rahmenbedingungen nicht mehr eingehalten werden. Was heißt da „wieder einmal“?
Schon auf der Reise durch die Wüste muss der Gott Israels immer wieder die Erfahrung machen, dass die Israeliten schnell anderes reden und handeln, wenn die Umstände ihnen zusetzen. Schnell murren sie, wenn einmal die Versorgung nicht selbstvertändlich ist. Und während Mose – ihre große Führungsgestalt – auf einer Bergtour unterwegs ist, um mit seinem Gott ins Gespräch zu kommen, da bauen sie schnell ein anderes Kultbild und stoßen ihren Gott vom Thron.
Komm zurück zur Ordnung!
Gerade aus dieser Erfahrung wird deutlich, was die Bedeutung der Zehn Gebote wirklich ist, die uns in der heutigen alttestamentlichen Lesung aus dem Buch Exodus vorgelegt wird. Gott will für den Menschen Rahmenbedingungen schaffen, weil er weiß, dass der Mensch Grenzen braucht, da er sonst grenzenlos wird. Diese Erfahrung sammeln auch Menschen in der Erziehung von Kinder. Denn auch diese sind darauf aus, dass ihnen natürlich Grenzen gesetzt werden. Sie wollen wissen, wie die Leitplanken aussehen, um festzustellen, wann sie an eine Grenze stoßen. Es geht in guter Erziehung nicht darum, ständig mit dem drohenden Zeigefinger aufzutauchen, sondern liebevoll, behutsam und doch zugleich bestimmt mitzuteilen: „Nun hast du eine Grenze überschritten und ich möchte, dass du zurück zur Ordnung kommst.“
So sind auch die Zehn Gebote zu verstehen. Es geht primär nicht um die sklavische Einhaltung des Wortlautes, sondern dass ich weiß, was diese Gesetze schützen wollen. Sie sind zu einem dreifachen Wohl da. Es geht ihnen um den Schutz Gottes, den Schutz des Nächsten und um den Schutz des eigenen Selbst.
Muss auch ich mich daran halten? Was gilt für mich?
Gesetze und Gebote sind sicher nicht immer beliebt und doch brauchen wir sie für unser Miteinander. Und auch jene, die Gebote und Gesetze ablehnen merken schnell, dass sie für sich selbst eigene Regelungen aufstellen.
„Bei mir gilt…“, sagen sie. Oder: „Hier bestimme ich die Regeln.“ Welche Gebote stellst du dir auf und welche erwartest du, dass diese von anderen eingehalten werden?
Sicher ist es wieder einmal lohnenswert die Zehn Gebote für sich selbst durchzugehen. Welches Gebot fordert dichderzeit heraus?
Die Zehn Gebote sind auch heute gültige Weisungen, die als Leitplanken unser Miteinander schützen wollen. In Zeiten, in denen sie nicht nur kritisiert, sondern auch heftig bekämpft werden, braucht es Standhaftigkeit und eigenes Beispiel im Vorleben im Alltag.